So schaffen wir mehr Chancengleichheit im Gesundheitssystem: Inspiration von Erfolgsbeispielen und Wissenschaft im Future Health Lab
Wie können wir den barrierefreien Zugang zum Gesundheitssystem gewährleisten? Was haben Digitalisierung und künstliche Intelligenz damit zu tun? Und welche zukunftsweisenden Initiativen stellen wir euch heute vor, weil sie uns ganz besonders inspiriert haben?
Anfang Juni brachte das Future Health Lab internationale Wissenschaft und vielfältige Erfolgsbeispiele für Chancengleichheit aus ganz Österreich zusammen – bei der Deep-Dive-Session “Building a more inclusive and just healthcare system” im Rahmen der Impact Days 2024.
“Jede*r sollte in der Lage sein, die gleichen Einrichtungen zu nutzen, an den gleichen Aktivitäten teilzunehmen und die gleichen Erfahrungen zu machen – auch Menschen mit einer Behinderung oder anderen Benachteiligungen.” – so definierten Keynote Speaker*innen Awa Naghipour & Lucia Mair (Ärzt*innen, Wissenschaftler*innen & Co- Founder Feministische Medizin) den Begriff Inklusion . . . während sie einen kritischen Blick auf den Gesundheitssektor warfen.
Doch stehen wir heute? Wo, wie und für wen sind unsere Gesundheitssysteme ungerecht?
Fakt ist, wir leben in einer sehr diversen Welt; in Österreich hat ein Viertel der Bevölkerung eine internationale Biographie, knapp ein Fünftel hat eine Behinderung oder lebt in Armut, 27.000 sind nicht krankenversichert. Jedoch mangelt es an medizinischer Forschung, die die Realität dieser Gesellschaft widerspiegelt, statt den weißen, cis-männlichen, sozioökonomisch stabilen & Co. Bruchteil der Bevölkerung als “Norm” festzulegen. Gleichzeitig ist die gesundheitliche Ungleichheit in vielen europäischen Ländern angestiegen. Patient*innen werden schnell für schwierig oder anspruchsvoll gehalten, wenn sie ihre eigenen Bedürfnisse äußern. Das Schmerzempfinden von Patient*innen, die z.B. eine Geschichte der Drogenabhängigkeit haben, wird oft unbewusst hinterfragt.
Wir leben auch in einer Welt, in der jede*r zur vulnerablen Gruppe werden kann – etwa durch die aktuellen Hochwässer in Zeiten der Klimaänderung. Einer Welt, in der etwa Patient*innen mit schweren psychischen Erkrankungen eine signifikant höhere Krebssterblichkeitsrate als die allgemeine Bevölkerung haben.
Was nun?
Für mehr Inklusion brauchen wir neue Ansätze in der medizinischen Versorgung, digitale Lösungen und Räume, internationale Vernetzung und systematische Prozesse der Einbindung – von Beginn an.
Zukunftsweisende Initiativen gibt es dank engagierter Stakeholder schon einige.
Die folgenden haben sich im Future Health Lab vorgestellt und vernetzt. Lasst euch inspirieren!
Die Lösungen
> . . . Die österreichische Stiftung mit einem globalen Projekt, das Lösungen sichtbar macht, die das tägliche Leben und die gesetzlichen Rechte aller Menschen mit Behinderungen verbessern. – Das @Zero Project der Essl Foundation, samt Community, 10.000+ Expert*innen, jährlicher Konferenz & online Lösungsdatenbank. Informations- und Kommunikationstechnologien sind ein zentrales Thema.
> . . . Der (möglichst) barrierefreie Zugang zu allen medizinischen Leistungen eines Spitals für Menschen mit Beeinträchtigungen, die von der Regelversorgung nicht bedient sind. Mit einer ganzheitlichen, multiprofessionellen Betreuung, die Abklärung, Therapie, Beratung und Begleitung umfasst; mit möglichst geringen Wartezeiten. – In der Ambulanz für Inklusive Medizin, am Barmherzige Brüder Konventspital Linz.
> . . . Die vertrauenswürdige datengesteuerte KI, damit KI-gestützte Entscheidungen NICHT mehr zu Ergebnissen führen, die bestimmte Gruppen von Personen / Einrichtungen benachteiligen oder diskriminieren. Durch eine gleichmäßige Repräsentation durch Daten, beständige Qualität des Algorithmus und achtsame Handhabung von Patient*innen-Information. Menschen sollen etwa nicht mehr durch “Racial Bias” in medizinischen Tests übersehen werden. – Im Forschungszentrum für datengesteuerte Wirtschaft und Big Data Analytics @KnowCenter.
> . . . Und das KI-Tool zur Aufbereitung von radiologischen Befunden in eine patient*innen-verständliche Sprache. Für eine Verbesserung in Krankheitsverständnis, Patient*innenbeteiligung und Arzt-Patientin-Kommunikation. – @simplifAI. Umgesetzt in einem Konsortium mit dem Know Center, World Direct, CHAX, FH Joanneum und der Medizinischen Universität Graz.
> . . . Der digitale Treffpunkt, der es Besucher*innen ermöglicht, auf spielerische Weise und in entspannter Atmosphäre andere Menschen kennenzulernen. Denn Einsamkeit und soziale Isolation stellen Gesundheitsrisiken da; und führen zu einer erhöhten Anzahl von Demenzerkrankungen, Schlaganfällen, kardiovaskulären Erkrankungen und vorzeitigen Todesfällen. Für mehr Teilhabe an der Gesellschaft durch einen niederschwelligen Einstieg, mit dem positiven Nebeneffekt der Stärkung der digitalen Kompetenzen. – der Plauderraum der Caritas Pflege.
> . . . Das inklusive Ausbildungsprogramm für Medizinstudierende, damit Menschen mit Behinderungen angemessen medizinisch unterstützt werden und die jeweiligen Bedürfnisse der Patient*innen im Mittelpunkt stehen. – An der @Johannes Kepler Universität.
> . . . Tools, die mit Expert*innen und künstlicher Intelligenz Texte in einfache Sprache übersetzen, wie etwa eine Broschüre der Österreichischen Krebshilfe. Heute verstehen 53 % aller Erwachsenen nicht, was sie lesen; 68 % der Informationen von Behörden und Unternehmen sind zu komplex. Doch Verständlichkeit lohnt sich; sie spart Zeit und Kosten, ist teils rechtlich vorgesehen und stärkt die gesellschaftliche Teilhabe. – @capito.
> . . . Strategien, um Informationen für alle zugänglich zu machen und User von Beginn an einzubeziehen. – Allem voran durch die Einhaltung der Web Content Accessibility Guidelines, die seit 1999 Ziele vorgeben, damit wir Inhalte für Benutzer*innen mit unterschiedlichen Behinderungen zugänglicher machen. Dies ist ganz besonders relevant, damit Gesundheitsinformationen ankommen. “Es ist ihre Lebenswelt . . . und es ist ein Unterschied, ob ich Gehörlosensprache kann oder gehörlos bin.” Websites mit assistiven Technologien und Menschen mit Behinderung testen war außerdem ein zentraler Punkt. – mit @Access Austria.
> . . . die digitale Beratung für pflegende Angehörige und eine berufliche Bereicherung für Pflegekräfte. Denn ein Drittel der europäischen Bevölkerung pflegt ein Familienmitglied und deckt bis zu 80 % des Pflegebedarfs, und die emotionale Last ist real. Hier werden die Herausforderungen und Ängste von Angehörigen gehört; praktische Informationen werden weitergegeben. – Die Alles Clara App, die Pflegen leichter macht.
Digitalisierung und Innovation können nicht nur Barrierefreiheit und Chancengleichheit vorantreiben. Sie tun es schon.
Danke an alle Speaker*innen und Projekte für die Teilnahme!
Wir laden Leser*innen ein, sich die für sie relevanten Projekte näher anzusehen.
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Während der Eröffnung der Impact Days in der Wiener Hofburg, fand DEI-Expertin Tumi Sineke bewegende Worte zum Thema Zugehörigkeit: „Heute möchte ich, dass wir darüber nachdenken, wer dazugehören darf, wer nicht, und welche Systeme, Institutionen und Traditionen davon profitieren, einige von uns einzubeziehen und andere nicht.“
“Wir sind alle Teil derselben Gesellschaft, in der es zu sozialer Ausgrenzung kommt”, so Lucia Mair. Wir haben gelernt, Vielfalt und Inklusion beinhalten die Selbstreflexion unserer eigenen Vorurteile. Es braucht Arbeit auf persönlichen und systemischen Ebenen, damit niemand ausgeschlossen wird.
Quellen: Vorträge am 7. Juni im Future Health Lab und Projekt-Webseiten
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